Mögliche Anregungen zum empfindenden Betrachten.
Cézanne bemerkte wohl einmal, dass Kunstwerke parallel zur Natur entstehen sollten. Solche und ähnliche Gedanken anderer Künstler erlösten die Kunst von der Nachahmung der Natur und die Form von ihrem Abbildungszwang.
Mächtige, tiefschwarze, ungegenständliche Bilder mit einer starken Materialpräsenz treten uns gegenüber. Die reliefartige, kohlefarbene, rätselhafte Bildmaterie drängt nach außen, über den Rand, quillt aus dem Bild und es tun sich kraterartige Löcher und Furchen auf. Eine dionysische, rauschhafte Welt erblüht vor unseren Augen. Wir dürfen fabulieren, dass es Restprodukte von Naturereignissen sind. Konservierte Fließ- und Wachstums-Prozesse. Aus der Distanz mineralisch, zerklüfteter Lawaboden mit Resten von verkohltem Holz; aus der Nähe vegetabil, mit Pilzmycelen überzogener Sumpf- oder Waldboden. Oder vielleicht eine Diamantmine, an deren Gestein sich feine, kostbare, punktförmige Lichteffekte abspielen. Uns Betrachtern freigestellte Assoziationsmöglichkeiten.
Die Basis von Danelias Material bildet der Kohlenstoff, Grundelement aller organischen Verbindungen und alles Lebendigen. Danelia arbeitet mit schwarzen Kunststofffolien. Ein künstlich synthetisiertes Erdölprodukt. Geordnete Kohlenwasserstoffketten, ultradünn und flexibel.
Die vorherrschende wissenschaftliche Auffassung geht davon aus, dass Erdöl vor 100-400 Millionen Jahren aus der Biomasse abgestorbener Meerestiere und Algen im Erdmantel entstanden ist.
Ein sehr archaisches Arbeitsmaterial also, in bedeutungslose Folienform gebracht durch unsere modernen chemischen Verfahren.
Ein interessanter Vorgang entwickelt sich, parallel zur Natur. Mit Feuer und Hitze macht sich der Künstler daran, seine Folien zu denaturieren. Doch in diesem Oxidationsprozess werden die Folien nicht nur de-naturiert, sondern sie werden gleichzeitig re-naturiert, eine Wandlung findet statt. Obwohl abstrakte Gebilde, assoziiert unser Auge Natur hinzu. Ein geistiger Vorgang. Die glatte Folie nähert sich wieder dem Aussehen der ursprünglichen Biomasse, aus der sich das Erdöl gebildet hatte. Dieser poetische Gedanke lässt sich weiterführen: Danelia legt die Erinnerungen seines Materials frei. Nicht unähnlich den japanischen Vorstellungen einer beseelten Materie.
Neben diesem starken Materialbezug gibt es als zweites zentrales Element das Vorgangshafte dieser Bilder. Danelia ist ein Maler, der am Herstellungs-Vorgang interessiert ist und nicht ein Thema veranschaulichen will, nichts darstellen möchte. Er gehört zu den Künstlern, bei denen Material, Machart und Ergebnis nicht voneinander zu trennen sind. Er überlegt sich kein Sujet, hat kein vordergründiges Anliegen, er gehört der Tradition an, für die die Logik des Zusammenhangs von Form, Material und Farbe im Vordergrund stehen und das Ergebnis nicht von vorneherein bekannt ist. Er gehört zu den Künstlern, die sich von ihrem Bild das entstehen möchte führen lassen. Im Besonderen haben die Künstler der informellen Malerei diesen Weg beschritten und das Spontane, den richtigen Moment in den Vordergrund gestellt. So wie Sonderborg in einer Metapher den Maler mit jemandem vergleicht, der im Keller einer Ratte auflauert und auf den günstigen Moment wartet, um sie zu erledigen.
Bekanntermaßen sucht das Informel asiatischen Weltbildern entsprechend das Fließende der Formen. Dieses Zusammenfließen der Formen, das Verschmelzen, wird bei Danelia wörtlich und wird bis in die Arbeits„technik“ umgesetzt, denn er bringt ganz real seinen Kunststoff zum Fließen, indem er ihn mit der Heißluftpistole auf 600 Grad erhitzt, dessen Aggregatzustand verändert und die entstehende zähflüssige Materie bearbeitet. Er verschmilzt ganz real die Formen, die ihm das vorgefundene Material anbietet.
Dieser Vergleich mit der informellen, gestischen Malerei dient weniger dazu, Danelia historisch einzuordnen, sondern er kann zeigen, dass es grundlegende Prinzipien des Formzusammenhangs gibt, die in unserer Psyche angelegt sind und sich in ganzen Weltbildern niederschlagen, zu denen wir durch solche Bilder Zugang finden. Oder Erkenntnisse darüber gewinnen können, wie wir sehen und wie unsere Augen die Realität mitgestalten.
Aber Bilder wollen nicht so sehr besprochen werden, sie wollen vor allem angeschaut werden, denn, wie Tarkowskij schreibt: „… der Gedanke ist flüchtig, das Bild aber ist absolut“.